A-TOWN BUSTED – 8/15/16–9/1/16
"Upon spotting the illicit coupling, one of the wittnesses called 911 to report athat a 'male was having intercourse with a goat,' said the Sergant Ashley Henson. The insident was inititally logged as indecent exposure call since no police code exists for man-goat interactions."
Was?
Der Steckbrief ist in Amerika noch nicht ausgestorben.
A-Town Busted ist eine kleine Zeitung voller Polizeifotos von Menschen, die sich in Gewahrsam befinden oder befanden. Deren Schuld ist zwar gerichtlich noch nicht festgestellt, doch die Herausgeber sehen sich in der Pflicht, die Aufmerksamkeit gegenüber krimineller Aktivität zu sensibilisieren. Die Leser sollen zum verantwortungsbewussten bürgerlichen Zusammenleben ermutigt werden, so die Herausgeber.
Natürlich steht ein Geschäftsmodell hinter „Austin’s Only Crime Fighting Publication“, die seit 2012 erscheint. Um ihre Fotos entfernen zu lassen, müssen die zu zweifelhafter Bekanntheit gekommenen Personen zahlen. Auf den Seiten von A-Town Busted wird dabei keine Geldsumme genannt.
Das Problem: Die Ausgabe ist bereits gedruckt und in Umlauf gebracht. Eine Gegendarstellung erfolgt lediglich über die Facebook-Seite.
Diese Form des Revolver-Journalismus ist nicht neu. Wie Leser dieses Weblogs wissen, wurde er bereits im Wien der 1920er Jahre von Imre Békessy mit der Tageszeitung Die Stunde etabliert. Nur damals war die Öffentlichkeit mehr Drohmittel als angewandte Praxis, wie es hier der Fall ist.
Erwerbsgeschichte
David Schmidt, mein alter Uni-Zeitungs-Chefredakteur kehrte aus den Vereinigten Staaten zurück und brachte Geschenke mit. Er hatte A-Town Busted nicht so einfach gefunden, wie er es sich erhofft hatte. Kein Zeitschriftenladen konnte ihm weiterhelfen. A-Town Busted wird nur in rund 120 unabhängigen Convenience Shops in Austin vertrieben, zumeist als Bückware.
Umfang und Inhalt
Welche Geschichten können die rund 750 daumengroßen Porträts dieser Ausgabe erzählen? Die eines harten Lebens in der amerikanischen Unterschicht oder nur die einer langen Nacht?
Manchmal sieht man ein feines Lächeln, manchmal vermutet man Drogeneinfluss. Kein organisiertes Verbrechen, sondern zufällige Delinquenz ist bei den meisten Porträtierten der Verhaftungsgrund. Fahren unter Alkoholeinfluss, Besitz von Marihuana oder auch nur die fehlende ID-Card scheinen auszureichen, um der geneigten Leserschaft von A-Town Busted vorgeführt zu werden. Selten haben die abgebildeten Verdächtigen Gewaltverbrechen verübt.
Text gibt es kaum. Die wenigen Verdächtigen mit besonderer Tatschwere bekommen größeren Platz eingeräumt. Besonders kuriose Geschichten werden in Farbe gedruckt. Hier entfernt man sich auch von der lokalen Berichterstattung und bringt bundesweite Nachrichten. So kommt der Leser in den Genuss von Polizei-Reportagen über die 19-Jährige, die nach einer Kneipenschlägerei einer Polizisten das Ohr abbiss. Oder man kann etwas über den Mann in Georgia erfahren, der seine Tiere liebte.
Werbung
Es gibt eine Agentur für Freundschaften mit „Jail Babes“, weiblichen Gefängnisinsassinnen. Die Korrespondenz muss brieflich erfolgen, aufgrund der langen Haftzeit manchmal für Jahre.
Verdikt
In Zeiten des immer detaillierteren digitalen Fingerabdrucks mag eine Zeitschrift mit Mini-Steckbriefen und Werbung für Brieffreundschaften ein wenig antiquiert wirken. Doch die Bloßstellung von nicht verurteilten Menschen ist für das deutsche Moralempfinden doch so provokant, wie der Nutzen für die amerikanische Kriminalprävention schleierhaft. Hauptsache die Geschäftsidee funktioniert.