agora42 – Ausgabe 01/2013
„Überall gilt das Primat der Geldgeber - die Geldgeber sind Kulturträger. Warum? Weil Künstler und Wissenschaftler Geld brauchen, um zu leben, um zu arbeiten. Und das Geld kriegen sie nur von Leuten, die bestimmte Argumente hören wollen, Argumente, die ihre Position, ihre Kultur, ihre Religion, ihre eigene Überlegenheit bestätigen. Deshalb gibt es auch keine Kritik mehr, nur noch Zustimmungsgerede. Damit haben sich die Wissenschaft und die Künste selbst liquidiert. Es gibt nur noch Angestellte der Industrie.“
Was?
Ende 2011 sorgte das nahezu zeitgleiche Erscheinen zwei neuer Philosophiemagazine auf dem deutschen Zeitschriftenmarkt für einiges Getuschel im Feuilleton. Am 16. November kam das Philosophie Magazin, der Ableger eines recht erfolgreichen französischen Titels. Nur einen Tag später erschien HOHE LUFT unter dem Dach des Emotion Verlags, der zuvor durch die gleichnamige Frauenzeitschrift bekannt war.
Während das Philosophie Magazin ein Lebensinnfindnungsmaßnahme darzustellen scheint (Titelthema der aktuellen Ausgabe: „Sind wir dafür geschaffen, in Paaren zu leben?“ – zum Vergleich Titelthema der aktuellen NEON: „Für immer verliebt! Wie man es schafft auf Dauer miteinander glücklich zu werden.“), ist HOHE LUFT, gar kein schlechtes Heft, obwohl ein Rezensent bei Erscheinen von „dünner Luft“ spöttelte.
So oder so: agora42 war schon damals Jahre vorher da.
Turnus
Vierteljährlich
Preis
Mit 8,90 € ist agora42 teuerer als das Philosophie Magazin (6,90 €) und HOHE LUFT (8,- €). Es gibt außerdem ein Förderabo, welches 420,- € kostet und ein ganzes menschliches Leben lang den Bezug der Zeitschrift sichert.
Erwerbsgeschichte
Während des diesjährigen taz.labs hat die gesamte Redaktion den weiten Weg von Stuttgart nach Berlin auf sich genommen, um eine Veranstaltung zu machen deren beide Beiträger kurzfristig wegen Krankheit und Auslandaufenthalt abgesagt haben. Spontan schüttelte man neue Referenten aus dem Handgelenk. Nebenbei wurde Dahergelaufenen wie mir im Foyer des Hauses der Kulturen der Welt die Zeitschrift erklärt.
Inhalt
Den Text ‚Zeit der Krisen. Krisenzeit‘ von Gerd. B. Achenbach würde ich am liebsten millionenfach vervielfältigen und in einem Flugzeug über Frankfurt, Berlin und München abwerfen. Jedoch sollten die Betroffenen dieses Papierregens genug Zeit dabei haben. Nichts in diesem Heft ist für den schnellen Konsum in den rettenden Schächten der U-Bahn geeignet. Hochschauen und verschnaufen, auch mal das erneute Lesen des vorangegangenen Absatzes sind unumgänglich. Bisweilen hatte ich alleine deswegen Angst einen neuen Artikel im Heft zu beginnen.
Verdikt
Der Untertitel von agora42 lautet ‚Das philosophische Wirtschaftsmagazin‘ und zumindest ein Redaktionsmitglied hat so etwas auch studiert. Um es kurz zu halten, gibt es hier, wie in der agora42-Rubrik ‚Terrain‘, kleine weiterführende Hinweise.
Vom Autor empfohlen:
SACH-/FACHBUCH
André Kostolany – Geld – Das grosse Abenteuer (Verlag Kurt Desch, München, 1972): Die Lebenserinnerung des ungarischen Finanzjournalisten zeigen, dass der Handel mit Waren und Wertpapieren und besonders die Spekulation damit, nicht nur Spaß macht und Dinge in Bewegung bringt; nein, man kann auch ganz gut dabei verdienen.
ROMAN
Michael Ende – Momo (Thienemann Verlag, Stuttgart, 1973): Nicht um Entschleunigung geht es, sondern vielmehr um die Tatsache, dass Beschleunigung einfach keinen Spaß macht. Perfekte Lektüre für Fernreisen im Zug und auch wenn man schon groß ist. Der Thienemann Verlag ist übrigens nur gut einen Kilometer entfernt von der agora-Redaktion ansässig.
FILM
George Clooney – Good Night & Good Luck (2005): Nicht nur sehen die Redaktionsmitglieder um den Mitherausgeber und Fernsehphilosophen Richard David Precht genauso gut aus wie der begehrteste Junggeselle Hollywoods, sie zeigen außerdem – wie auch Clooney in seiner Regiearbeit –, dass man diffusen Emotionen, paranoiden Vorurteilen und gefährlichem Halbwissen mithilfe von Worten vielleicht komplizierte, jedoch notwendige Verklarheitungsversuche entgegenstellen muss. Und genau das macht agora42 zur besten philosophischen Publikumszeitschrift in diesem Ländle.