ramp style – AUSGABE 3 HERBST/WINTER 2012
„Der Vater sah den Sohn an. Sah die Tränen, das getrocknete Blut auf seinem Kinn und die Blutflecken auf seinem blauen Adidas-Poloshirt, den Schaft, den er in der anderen Hand hielt, und verstand sofort, was geschehen war. Er brach in heiseres Gelächter aus, zog den am Boden zerstörten Jungen in seine Arme und rief theatralisch: 'DAS IST MEIN JUNGE!' Kein Tadel, kein Groll über den kaputten neuen Schläger. Nichts als Einsicht, dass sein Sohn nun diesen ganz speziellen Schmerz kannte und damit einer von ihnen war. Es war ein Moment reinster Liebe gewesen, das begriff Gary jetzt, Jahrzehnte danach.“
Was?
Der Männermagazin; Ableger eines Automagazins.
Turnus
Wird dieses Jahr auf vierteljährlich hochgefahren.
Erwerbsgeschichte
Nachdem ich im November 2011 einen genüsslichen Verriss des Automagazins ramp bzw. dessen als Imagemagazin konzipierten Ableger für den Kunden Opel schrieb, kontaktierte ich wie üblich die Redaktion um ihr mitzuteilen, dass ich meine Meinung zu ihrem Produkt ins Netz gestellt habe. Meistens interessiert das kein Schwein. In diesem Fall kam aber eine Rückmeldung und zwar sogar von ganz oben. Chefredakteur und Herausgeber Michael Köckritz schlug vor, ich solle mal bei der Redaktion vorbeikommen, wenn ich in der Nähe von Reutlingen sei.
So bin ich in den ersten Tagen des Jahres 2013 am Reutlinger Hauptbahnhof ausgestiegen, durch die Fußgängerzone flaniert, habe in der K & U-Bäckerei beim Verspreisen einer Wecke die ausführliche Berichterstattung über Wolfgang Thierses Schwabenschmäh im Reutlinger General-Anzeiger gelesen, war in der Osianderschen Buchhandlung auf Klo und stand pünktlich in den Redaktionsräumen von ramp, um mit Michael Köckritz über sein Magazinverkaufspreise, über Opel und darüber, ob es okay seine eigene Magazinmarke für ein Imagemagazin herzugeben (wenn die Kohle stimmt, ja).
Das war sehr motivierend. Zur Verabschiedung habe ich auch noch abstauben können. Es gab nicht nur die erste und die aktuelle ramp-Ausgabe, sondern auch das rampstyle. Danke dafür!
Vermutete Zielgruppe
Wie mir Michael Köckritz erzählte, ist rampstyle für Männer, also echte Männer, die eher Maßanzug als Baseballkappe tragen. Solche Männer, die mitunter auch schon mal eine Scheidung hinter sich haben und die gerne Auto fahren oder es sich zumindest würden, wenn sie es sich denn leisten können oder möchten.
Titel & Layout & Inhalt
Ist das Josh Hamm? Nein, es ist Michael Fassbender. Es gibt ein Interview mit ihm im Heft. Seine Rolle des Magneto in ‚X-Men: First Class‘ war ja meine Filmoffenbarung des Jahres 2012. Erst spät habe ich gecheckt, dass nur einige Seiten später ein Interview mit Quention Tarantino versteckt ist. Der Titel kommt nicht mit großen Ankündigungen des Inhalts daher, was aber auch in Ordnung ist. So fordert einem der 300 Seiten starke Papierblock doch Entdeckerqualitäten ab.
Sauber beschnitten, wohlriechend und mehr visuell als sinnstiftend, steckt mehr drin als die Aufnahmefähigkeit auf Anhieb verkraften kann. Und ich gebe zu: Es hat Spaß gemacht die Seiten für die einzelnen Scans heraus zu schneiden, gewissermaßen das Perfekte zu schinden.
Apropos: Obwohl das hier nicht die FHM ist, gibt es auch Damen. Ein Fototeil verbindet nackte Haut mit Objekten. Das hat der Künstler Mel Ramos schon ganz schön auf die Spitze getrieben, ist dabei aber auch immer fingerfertig ironisch geblieben. Hier ist es ein wenig ernster gemeinst, glaube ich.
Ein bißchen unnützes Wissen darf auch nicht fehlen.
Verdikt
Männersachen ist der Untertitel und ich fühle mich beim Lesen wie der bebrillte, schwachbrüstige Bücherwurm-Sohn eines Minenarbeiters, der aus seiner Enttäuschung über den kraftlosen Filius nach ein paar Bieren längst keinen Hehl mehr macht. Ein Vater, der ganz sicher nicht sagt: Das ist mein Junge!