HATE. – AUSGABE # 8
„‚Im Alter von zwölf Jahren habe ich mir die eine Hand gebrochen, die andere angebrochen. Meine Mutter musste mich baden. Während sie mich wusch, erzählte sie mir, wie lange sie mich früher gestillt habe. Ich hatte das so sehr gemocht, dass sie Pfeffer auf ihre Brustwarzen streute, damit ich die Lust verlor. Dann fragte ich sie, ob es stimme, dass ein älterer Cousin von mir unfruchtbar sei. Ich wollte wissen was es bedeutet. Sie erklärte es mir und wusch meinen Schwanz dabei. Ich sagte: ‚Vielleicht bin ich auch unfruchtbar.‘ Dann wurde mein Schwanz steif, die seifte ihn weiter ein, zog an meiner Vorhaut, weil sie 'Eichel waschen' wollte. Sie sagte fast lobend: 'Das Ding ist so groß geworden!' Ich kam sofort. Ich schämte mich. Meine Mutter sagte nur: ‚Na, jetzt wissen wir, dass Du nicht unfruchtbar bist.‘“
Was?
„Magazin für Relevanz und Stil“.
Na gut …
Turnus
Ungefähr jährlich gibt es eine neue Ausgabe vom HATE, meist begleitet von einer Druckkostenfinanzierungsparty. Das heißt dann Techno und „Kultur schnuppern“ und so …
Auflage
2.000 Stücke
Preis Inhalts-Verhältnis
Gesamtseitenzahl inklusive Titelblatt: 132 Seiten
Ganzseitige Anzeigen: Ungefähr drei, die ich als solche identifiziere (Selbst da hat es aber ein wenig gedauert).
Preis: Keine Ahnung. Steht nicht drauf und ich habe es geschenkt bekommen.
Format: Man könnte meinen, es sei DIN A 3, aber HATE ist ein wenig größer.
Erwerbsgeschichte
Philipp überreichte mir nachträglich zum Geburtstag das HATE zusammen mit diesen Worten: „Vor einem Jahr wollte ich ein Magazin machen, was der Kreuzung von ordentlicher Gesellschafts- und Selbstkritik und Kunst gewidmet sein sollte. eines Tages las ich dann die Hate und meine Idee lag vor mir.“ Er hat dann auch in der neuen Ausgabe, dem HATE # 9, zusammen mit Stefanie Peter einen großartigen Text über den Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee veröffentlicht.
Titel
Nur kurz befiel mich die Sorge, es würde sich beim HATE um ein Bastel-Zine handeln. Das Titelbild ist nämlich durch einen individuellen Pinselstrich zu einem Unikat erhoben. Ähnliche Marketing-Gags findet man auch auf Büchern von Holm Friebe und diversen 90er-Jahre Emo-Platten
Inhalt
Weh tut der Text von Detlef Kuhlbrodt. Er ist ein ganz Großer unter Deutschlands Bloggern und schreibt über seine Mutter. Dabei gibt es aber keinen Pfeffer auf Brustwarzen oder Schwänze die gewaschen werden, sondern eine Geschichte über den Verlust Nahestehender an geistige Umnachtung. Er erzählt uns davon ohne Gefühlsduselei und ist dabei sehr rührend. Schließlich ist Kulhbrodt einer der ganz Großen.
Layout
In Anbetracht des 32 Seiten langen Fototeils in Hochglanz gibt es Grund zum stutzen:
Extra
Was soll dieser auf 250 Stück limitierte Quatsch? An wen soll ich so eine Postkarte denn bitteschön schicken? An meinen Dealer?
Verdikt
Selten habe ich ein Magazin in der Hand gehabt, dass mich durch seine Doppelbödigkeit dermaßen in Definitionsunentschlossenheit stürzt.
Wenn aber schon Schublade, dann so: HATE lagert selbstverständlich auf demselben Regalbrett wie die Punk und Hardcore-Fanzines, also ganz weit weg vom Freund oder dem Believer. Ist es ein Literaturmagazin? Ein Lifestyle-Blättchen? Ein Fanzine? Keine Ahnung. Verspielt bösartig (oder ehrlich) werden hier verfremdete Nacktfotos, die Demenz der eigenen Mutter und theoriegesättigte Ausflüge in die Geisteswissenschaft zu einem kantigen Klumpen gemixt an dem der Leser erstmal röcheln darf.
Oft genug fragt man sich, ob man das was da in HATE steht alles überhaupt wissen will, während man gleichzeitig hervorragend unterhalten wird. Habe ich schonmal gesagt, dass Publikationen mit nur vier Buchstaben im Namen fast immer die Lektüre lohnen?
Übrigens: wie alle HATE-Ausgaben ist auch diese zur Gänze in Netz verfügbar. Checkt außerdem regelmäßig die Facebook-Seite. Im Gegensatz zum Magazin ist die noch aktiv.