MERKUR – Heft 4, 65. Jahrgang, April 2011
„An einem Sommerabend in den achtziger Jahren hielt der zwar noch nicht wirklich große, aber schon sehr laute, zu einer Ausstellung nach Stuttgart angereiste Mann Hof in der Weinstube Fröhlich, einem bekannten Künstleretablissment, wo ich, der ich gerade das Lokal betrat, in das Blickfeld des trinkenden krakeelenden und offenbar gerade irgendwie Streit suchenden Titanen geriet. ‚Du musst so enge T-Shirts tragen, weil du noch nicht genug gute Kunst gemacht hast!‘, schleuderte er mir entgegen bevor dann sekundenschnell ein anderes Opfer seine Aufmerksamkeit in eine andere Richtung zog. Und ich mein Fett weg hatte.“
Was?
Der Klett-Cotta Verlag ist den Meisten wohl durch die deutsche „Herr der Ringe“-Gesamtausgabe bekannt (diese drei grünen Taschenbücher im Schuber). Daneben leistet der Verlag sich eine „Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken“.
Der Merkur erschien erstmalig in der Welle der Zeitschriftengründungen im Jahr 1947. Man will „gegen Obskurantismus und Utopismus […] die guten alten Werte der Aufklärung – Kritik, Skepsis, Sarkasmus – ins Feld“ führen. Eine kurz verfolgte Suchanfrage im Internet, lässt in mir das Bild von konservativen, alten Männern mit Lesebrillen entstehen.
Turnus
Monatlich
Auflage
Liegt bei beschaulichen 4.800 Exemplaren. Bei dieser Auflage wäre auch das Etikett Fanzine gerechtfertigt.
Kioskpreis-Inhalts-Verhältnis
Gesamtseitenzahl inklusive Titelblatt: Frecherweise hat jeder Jahrgang des Merkur eine durchgehende Seitenumminierung. Mein Zählergebnis dieser Ausgabe sind 97 Seiten und das macht mich selbst stutzig.
Ganzseitige Anzeigen: Drei Verlagsankündigungen von Klett-Cotta.
Preis: happige 12 Euro
Format: Fast so klein wie das Lustige Taschenbuch, aber dünner und teurer.
Preis pro Inhaltsseite: 13 (!) Cent pro Seite. Dafür bekommt man aber ein Maximum an Text.
Erwerbsgeschichte
Vom Chef entliehen.
Vermutete Lesergruppe
Ich würde diese Ausgabe Jedem zutrauen, der gerne liest. Die doch arg verspätete Rezension von Keith Richards Autobiographie jedenfalls ist ausgesprochen unterhaltsam und könnte so auch im Spiegel stehen.
Titel
Das Konterfei des Maskottchens schreit förmlich danach Kaffeetassen, T-Shirts und Eishockey-Pucks zu zieren. Ich warte …
Inhalt
Merve Verlag. Was will man mehr?
Layout
Für diejenigen, die es anhand des Scans noch nicht nachvollzogen haben: Es gibt kein Layout abseits der Typographie. Nur das: manchmal ist der Merkur einspaltig, manchmal zweispaltig.
Verdikt
Den Merkur kann man sich mal gönnen, wenn man es sich denn leisten will. Nichts auszusetzen an diesem guten, alten Haudegen unter den westdeutschen Kulturzeitschriften.