Auf weißer Straß‘ im Sonnenglast … – Jugoslawienfahrt 1990 des Stammes „Vaganten“ Aurich (BdP)
"Fünf Minuten vor der 'Abfahrt' fiel mir ein, daß ich doch mal nachfragen könnte, wie man wohl einen Kompaß benutzt. Uwe reagierte überraschend gefaßt und erläuterte uns den Sinn und Zweck dieses Wunderdings. Solchermaßen präpariert, stiegen wir, von innerer Weisheit erfüllt, in Uwes Benz, der uns mitten in der Wildnis aussetzen sollte."
Was?
Hier haben wir eine alte Fahrtenchronik meines Pfadfinderstammes. Es ging nach Jugoslawien, das damals auch noch so hieß. Die Stammesführung der Vaganten hatte vor dem Losbrechen des Bruderkriegs ungewollt einen fantastischen Zeitpunkt für die bis dato legendärste, weiteste, klassischste Fahrt der ostfriesischen Jugendgruppe getroffen. Ich war nicht dabei (zu jung). Die Chronik ist aber das das Abenteuerbuch meiner Kindheit.
Inhalt
Das läuft so: Die ganze Ortsgruppe fährt für drei Wochen weg. Einen Teil der Zeit verbringen Kleingruppen zwischen zwei und acht Leuten im Alter von elf bis Achtzehn wandernd (hier im Umfeld der Plitvicer Seen) und dann trifft man mit allen im Lager zusammen. So wurde es auch 1990 in Jugoslawien gehalten.
Nach der Rückreise, während die schönen Erinnerung und die Sehnsucht das Gemüt kitzeln, bastelt man an einem schriftlichen Rückblick. Diese Chronik steht damit in bester Tradition der Selbsthistorisierung deutscher Jugendbewegung. Die Texte sind frisch, einfach zu lesen, ausgesucht humorvoll und sprachlich unverhofft verspielt.
Turnus
Einmalig, obwohl es noch weitere Chroniken dieser Art gab.
Auflage
Gute Frage. Es lagen so einige Restexemplare bei uns im Stammesheim rum. Ich würde auf 300 Stück tippen. Das ist aber ein Schuss ins Blaue.
Vermutete Lesergruppe
Sicher vor allem als Erinnerung für die 50 Mitfahrer gedacht, aber auch eine gute Motivation für den Nachwuchs.
Titel
Als ich vier Jahre nach der Jugoslawienfahrt durch die Pyrenäen gekraxelt bin, habe ich gecheckt, dass ordentlich gepackte Wanderrucksäcke nicht nur gut aussehen, sondern auch verdammt schwer sind. Außerdem ist Sonnenglast ist ein sehr ambivalenter Begriff für brutale Hitze.
Interessanterweise sieht man auf den Fotos in Auf weißer Stras‘ … keinen einzigen „Affen„. Hier waren die 90er angebrochen. Das bündische Revival kam wohl erst kurz danach. Noch war moderne Sportausstattung gefragt und kein miefiges Leder aus Armeebeständen. Ich bin ohnehin Plastikpfadfinder für’s Leben. Der Armeetornister macht zwar was her, ist für meinen Geschmack aber zu unpraktisch und überstilisiert.
Layout
Der Mann mit der Takelweste ist Uwe Denecke, der damalige Stammesführer:
Schnitzen und Bandanas tragen:
Der Typ, der mit der Stange in der Hand in die Kamera grinst, ist Günter Janßen. Unter Anderem verdanken wir ihm dieses Dokument. Ich habe mich aber immer gefragt, was mit dem guten Mann los ist, der links vorne den Kopf in die Hand legt.
Verdikt
Aus gegebenem Anlass habe ich schon vor einigen Jahren Herzblut in eine prägnante Zusammenfassung dieses 44 Seiten dicken Heftchens gesteckt für eine Jubiläumsschrift für die Vaganten.
Aber egal: Wer nicht ein paar Wanderfahrten mitgemacht hat, kann doch nur bemitleidet werden.